Rechtliche Besonderheiten bei der Projektentwicklung von Agri-Photovoltaikanlagen
23. Juni 2022

Agri-Photovoltaik hat ein enormes Zukunftspotenzial. Durch die Verbindung von landwirtschaftlicher und energetischer Nutzung kann der Ausbau der Erneuerbaren Energien vorangetrieben werden, ohne kostbares Ackerland zu verlieren. Diese Doppelnutzung von derzeit noch rein landwirtschaftlich genutzten Flächen birgt für Landwirte und ländliche Kommunen nicht zu unterschätzende wirtschaftliche Chancen.

Dieser Artikel befasst sich mit den rechtlichen Besonderheiten eines Agri-Photovoltaikprojekts in bauplanungsrechtlicher und vertragsrechtlicher Hinsicht.

Bauplanungsrechtliche Zulässigkeit

Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit einer klassischen Photovoltaik-Freiflächenanlage ergibt sich aus einem (meist vorhabenbezogenen) Bebauungsplan und ggf. zusätzlich aus einer Baugenehmigung.

Im Rahmen von Agri-Photovoltaikprojekten wird es zunehmend zur Regel werden, dass Landwirte ihre landwirtschaftlich genutzten Flächen nicht an einen Projektentwickler oder Anlagenbetreiber vermieten, sondern diese für eine eigene Agri-Photovoltaikanlage (Agri-PV-Anlage) nutzen. In diesem Fall könnte die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit auch gemäß § 35 BauGB gegeben sein.

Bebauungsplan

Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von klassischen Freiflächenanlagen wird üblicherweise über einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan hergestellt.

Bei einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan verpflichtet sich der Vorhabenträger (meist der Projektentwickler oder Betreiber) ein bestimmtes mit der Gemeinde abgestimmtes Vorhaben unter Übernahme der Planungs- und Erschließungskosten innerhalb einer bestimmten Frist zu realisieren.

Bestandteile eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans sind der Vorhaben- und Erschließungsplan, der Durchführungsvertrag und der (eigentliche) vorhabenbezogene Bebauungsplan.

Die Doppelnutzung einer Fläche (weiterhin) als landwirtschaftliche Fläche und (zusätzlich) für die Agri-PV-Anlage hat üblicherweise geringere umweltrechtliche Auswirkungen als eine klassische Photovoltaik-Freiflächenanlage.

Vor diesem Hintergrund werden bei Agri-Photovoltaikprojekten deutlich weniger naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen erforderlich sein.

Dies führt nicht nur zu einem geringeren Abstimmungsbedarf mit der Unteren Naturschutzbehörde, sondern vor allem zu einer Reduzierung der naturschutzrechtlichen Festsetzungen im Bebauungsplan – und entsprechend zu weniger Pflichten im Durchführungsvertrag.

Bei Projektentwicklungen auf Flächen Dritter dürfte damit zudem die Problematik wegfallen, dass der Grundstückseigentümer neben den üblichen beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten zugunsten des Betreibers und dessen finanzierender Bank zur Sicherung des Anlagenbetriebs auch noch zusätzliche beschränkte persönliche Dienstbarkeiten zugunsten der Unteren Naturschutzbehörde zur Sicherung der naturschutzrechtlichen Ausgleichsflächen dulden bzw. bestellen muss.

Bauen im Außenbereich (§ 35 BauGB)

Will ein Landwirt eine Agri-PV-Anlage auf eigenen Flächen errichten, wird diese in der Regel gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB als privilegiertes Vorhaben genehmigungsfähig sein. Ausreichend ist daher die Erteilung einer Baugenehmigung

Das bedeutet, dass kein aufwändiges Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans und ggf. zur Änderung des Flächennutzungsplans durchgeführt werden muss.

Damit entfällt vor allem die im Rahmen eines Bebauungsplan-Aufstellungsverfahrens für eine Photovoltaik-Freiflächenanlage oft konfliktträchtige Beteiligung der Öffentlichkeit, wie sie viele leidgeprüfte Projektentwickler durch zahlreiche ungerechtfertigte Stellungnahmen von Photovoltaik-Gegnern zu Genüge kennen.

Im Ergebnis ist ein Agri-Photovoltaikprojekt bauplanungsrechtlich damit deutlich leichter – und auch deutlich schneller und mit geringeren Kosten – umzusetzen als ein klassisches Photovoltaikprojekt.

Projektverträge

Durchführungsvertrag

Wird das Agri-Photovoltaikprojekt im Rahmen eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans realisiert, werden sich die projektspezifischen Besonderheiten auch im Durchführungsvertrag wiederfinden.

Allerdings wird ein Agri-Photovoltaikprojekt deutlich weniger naturschutzrechtliche Eingriffe mit sich bringen als ein klassisches Photovoltaikprojekt, so dass insbesondere die Regelungen zu naturschutzrechtlichen Ausgleichsmaßnahmen weniger umfangreich ausfallen werden.

Daneben wird es im Durchführungsvertrag keine zusätzlichen Besonderheiten geben.

Nutzungsvertrag

Wird die Agri-PV-Anlage nicht vom Landwirt selbst betrieben, muss der Betreiber die Nutzung der Projektfläche schuldrechtlich (und dinglich) sichern. Im Nutzungsvertrag wird dabei vor allem die Doppelnutzung der Fläche für die Landwirtschaft und die Agri-PV-Anlage besonders zu regeln sein.

Im Gegensatz zu klassischen Photovoltaikprojekten, die in dieser Hinsicht im Nutzungsvertrag – wenn überhaupt – Regelungen für etwaige Ernteausfälle des Landwirts im Rahmen der Errichtung der Photovoltaikanlage vorsehen, können bei Agri-Photovoltaikprojekten Konflikte während des gesamten Betriebszeitraums der Agri-PV-Anlage auftreten.

Da die technischen Lösungen für Agri-PV-Anlagen sehr unterschiedlich sind, kommt es jeweils auf den Einzelfall bzw. die konkrete Agri-PV-Anlage an, inwieweit diese Beeinträchtigungen für die landwirtschaftliche Nutzung der Projektfläche mit sich bringen kann.

EPC-Vertrag

Der Vertrag zu Errichtung der Agri-PV-Anlage wird natürlich deren technische Besonderheiten berücksichtigen. Daher wird sich insbesondere das Leistungsverzeichnis deutlich von dem einer klassischen Photovoltaik-Freiflächenanlage unterscheiden.

Darüber hinaus weist der EPC-Vertrag für ein Agri-Photovoltaikprojekt in der Regel jedoch keine gravierenden vertragsrechtlichen Besonderheiten auf.

Wartungsvertrag

Wird die Agri-PV-Anlage von einem Dritten betrieben und nicht vom Landwirt, wird im Rahmen des Wartungsvertrages vor allem zu regeln sein, wie die Wartung der Agri-PV-Anlage möglichst schonend und ohne Beeinträchtigung der parallelen landwirtschaftlichen Nutzung der Projektfläche durchgeführt werden kann.

Zusammenfassung

Im Ergebnis spiegeln sich die Besonderheiten eines Agri-Photovoltaikprojekts auch auf der rechtlichen Ebene wieder. Dies wird in der Regel aber nicht zu zusätzlichen rechtlichen Schwierigkeiten führen.

Ganz im Gegenteil sollten sich die Besonderheiten eines Agri-Photovoltaikprojekts sowohl in bauleitplanerischer als auch in vertragsrechtlicher Hinsicht ohne größere Schwierigkeiten interessengerecht regeln lassen.